Operation Success.
1951 wurde der linksgerichtet Jacobo Árbenz Guzmán mit 65% der Stimmen zum Präsidenten von Guatemala gewählt. Sein Hauptprojekt war die Landreform zugunsten besitzloser Kleinbauern – dafür sollte ein Teil der Besitztümer der US-Firma „United Fruit Company (UFCO)“ enteignet werden.
Mit der Landreform war die kleine, kommunistische „Partei der Arbeit“ befasst. Sie war zwar im Parlament nur mit vier von 57 Abgeordneten vertreten und stellte auch keinen Minister im Kabinett Arbenz’, besaß aber starken Einfluss im Landwirtschaftsministerium.
Nach dem Sieg Dwight D. Eisenhowers bei den US-Präsidentschaftswahlen im November 1952 wurde eine neue Strategie im Kampf gegen den Kommunismus entwickelt, die so genannte Rollback-Doktrin. Während die antikommunistische Paranoia in den USA beständig zunahm, wurde ab September 1953 „Operation Success“ vorbereitet.
Das Ziel war, die guatemaltekische Militärführung mit dem Einmarsch einer Interventionstruppe zum Putsch gegen Präsident Arbenz zu bewegen. Außerdem war auch der Einsatz einer Truppe als Fünfte Kolonne geplant, die in Guatemala durch Sabotage und Propaganda-Aktionen Unruhe erzeugen sollte. Eine Schlüsselfigur in dieser psychologischen Kriegsführung sollte der neue amerikanische Botschafter in Ciudad de Guatemala spielen, John Emil Peurifoy, der im Oktober 1953 seinen Posten antrat.
Im Februar 1954 begann die Ausbildung der ersten Söldner auf einer Farm in Honduras sowie in zwei Trainingslager in Nicaragua. Am 1. Mai 1954 nahm ein Radiosender den Betrieb auf und beeinflusste die guatemaltekischen Zuhörer:innen mit geschickt aufbereiteter Propaganda, unterbrochen von populärer Musik.
Ebenfalls im Mai streikten 40.000 Bananenarbeiter:innen auf den Plantagen der UFCO und der Standard Fruit Company in Nordhonduras; ein beispielloser Vorgang in Zentralamerika, zumal es bis dahin in Honduras keine Landarbeitergewerkschaften gab. Vom Norden aus breitete sich der Streik über das ganze Land aus. Honduras’ Präsident Gálvez forderte von der US-Regierung zwei Kriegsschiffe für die Nordküste an, die notfalls Marines zur Niederschlagung des Streiks landen sollten. Nach Meinung der amerikanischen Presse war der Streik nur möglich durch kommunistische Initiative und logistische Unterstützung; die Anschuldigungen gingen in Richtung Guatemala.
Am 20. Mai kam es zur ersten militärischen Aktion der CIA-Invasoren. Eine in Nicaragua ausgebildete Kommandoeinheit überfiel einen Eisenbahnzug. Der Schaden war gering, aber ein Armeesoldat und ein Kommandomitglied kam ums Leben. Während die US- und zentralamerikanische Presse Honduras als das unschuldige Opfer einer kurz bevorstehenden kommunistischen Invasion aus Guatemala inszenierten, war es in Guatemala und Honduras ein offenes Geheimnis, dass in Honduras eine Invasionstruppe zusammengestellt wurde, da einige Teilnehmer des Unternehmens sich sehr freizügig in der Öffentlichkeit geäußert hatten.
Die Nervosität im guatemaltekischen Offizierskorps wurde noch einmal gesteigert durch die Desertion von Rodolfo Menoza Azurdia, dem fähigsten Flieger des Landes. Er floh in Begleitung des ehemaligen US-Majors und stellvertretendem Leiter der U.S. Air Force Mission in Guatemala, Ferdinand Schupp. Beide nahmen wenige Tage später an den Luftangriffen auf Guatemala teil.
Gut drei Tage vor dem Beginn der CIA-Invasion wurden die in Nicaragua ausgebildeten Kräfte per Lufttransport nach Nordhonduras verlegt. Am heutigen Jahrestag, dem 18. Juni, begann der Einmarsch der so genannten Liberacionistas. Die Truppe umfasste anfänglich lediglich 250 Mann. Der militärische Plan bestand in der Einnahme der Kleinstadt Zacapa, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt gut 50 km Luftlinie von der Grenze entfernt, und von Puerto Barrios, dem wichtigsten Ausfuhrhafen des Landes.
Entgegen der Erwartung der CIA-Söldner gab es jedoch keinerlei Anzeichen für eine Revolution gegen Präsident Arbenz, daher wurden nun die Luftstreitkräfte eingesetzt. Diese erwiesen sich keineswegs als so effektiv, wie erwartet. Zwar wurden Flugblätter über der Hauptstadt abgeworfen und Puerto Barrios mit einer Handgranate und einer Dynamitstange „bombardiert“, doch bereits am 20. Juni waren drei Maschinen ausgefallen. CIA-Chef Dulles erklärte an diesem Tag Präsident Eisenhower, dass der Ausgang des Unternehmens nun unsicher sei; Oberst Haney sah in dem Verlust der Maschinen eine Katastrophe. Schließlich wurden von den USA zwei weitere Maschinen entsandt, um die Angriffe fortzuführen.
Am 20. Juni 1954 kam es zum einzigen größeren Gefecht zwischen der Armee und den Invasoren. Der junge Leutnant César Augusto Silva Girón, Führer eines Zuges von gut 30 Mann, kämpfte bei dem kleinen Ort Gualán, etwas nordöstlich von Zacapa, 36 Stunden lang gegen weit überlegene Einheiten der so genannten „Befreiungsarmee“ und schlug diese zurück. Dieser Sieg bestärkte Präsident Arbenz in dem Glauben, dass die militärischen Handlungen unwesentlich waren.
Am 21. Juni erlebten die Invasoren eine zweite Niederlage, als sie versuchten, mit gut 100 Mann Puerto Barrios einzunehmen. Sie wurden von der dortigen Polizei und eilig bewaffneten Zivilisten, meist Gewerkschafter:nnen, zurückgeschlagen.
Am 23. Juni stellte sich jedoch heraus, dass die führenden Offiziere nicht bereit waren, gegen die „Befreiungsarmee“ der CIA zu kämpfen. Die Armeeführung ging davon aus, dass im Fall einer Niederlage der CIA-Invasoren die USA direkt intervenieren würden. Obwohl ihn die PGT und einige Gewerkschaften aufforderten, Milizen aufzustellen, weigerte sich der Präsident. Am 27. Juni 1954 trat Arbenz zurück.
(Zwischenbemerkung: Che Guevara hielt sich 1954 als Zeitschriftenverkäufer in Guatemala auf. Politisch ein Anhänger von Arbenz, erlebte er am 25. Juni 1954, wie der Versuch der PGT und der Gewerkschaften scheiterte, Milizen zu bilden und den Kampf gegen die Invasoren aufzunehmen. Dieses Erlebnis war der Grund, warum Che nach der kubanischen Revolution von 1959 sofort darauf drang, die kubanische Armee von Berufsoffizieren zu säubern und Milizen aufzustellen. Viva la Revolucion!)
Der von der CIA herbeigeführte Staatsstreich markierte den Beginn von vier Jahrzehnten repressiver Gewaltherrschaft verschiedener, sich gegenseitig ablösender Militärdiktaturen, die fast durchweg von den USA politisch, militärisch und geheimdienstlich unterstützt wurden. Während dieses so bezeichneten „Bürgerkriegs“ in Guatemala wurden bis zu seinem Ende 1996 mindestens 140.000 Guatemaltek:innen durch das Militär und staatlich gesteuerte Todesschwadronen ermordet. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen schätzen die Opferzahl noch höher, auf über 250.000. Eine große Zahl wurde dabei zum Opfer der Praxis des so genannten Verschwindenlassens, sie werden auch als Desaparecidos bezeichnet.
Nichts ist vergessen!
(Bildhinweis: Soldaten erschießen nach dem Putsch zwei Kommunisten)