Druck machen für das Sozialticket!

Im VRR wird, wie vom Verkehrsverbund angekündigt, im Herbst ein ermäßigtes Monats-Ticket zum Preis von 29,90 Euro eingeführt. Dies wird von Teilen der Politik, der Sozialverbände und der Gewerkschaften als Erfolg gefeiert, und auch etliche der Bezugsberechtigten zeigen sich erleichtert und zufrieden mit dem Ergebnis. Uns reicht das nicht.

Die Einführung des seit langem geforderten Sozialtickets wurde immer wieder versprochen und genauso oft verschoben. Das jetzt angekündigte verbilligte Monatsticket erfüllt jedoch nicht unsere Forderungen und hat den Namen Sozialticket nicht verdient.

Die gemeinsame Forderung der „Initiative für ein Sozialticket in Düsseldorf“, eines breit aufgestellten Bündnisses von Initiativen, Gewerkschaft und Sozialverbänden, ist ein Sozialticket, das nicht mehr kosten darf als der Nahverkehrskostenanteil im ALGII-Regelsatz. Dieser betrug bis Anfang des Jahres 11,49 Euro, jetzt liegt er laut neuer Vonderleyenberechnung bei 18 Euro. Ein Ticketpreis für 15 Euro im Monat wird vom Bündnis als akzeptabler Kompromiss angesehen – das jetzt angekündigte Monatsticket ist doppelt so teuer.

Wir werten diese Situation als Ausdruck des derzeitigen Kräfteverhältnisses. Die Einführung eines verbilligten Tickets und die Bereitstellung eines (sicher nicht ausreichenden) Landeszuschusses von 30 Mio. Euro jährlich an die Verkehrsverbünde ist maßgeblich auf den kontinuierlichen Druck durch Aktionen und Veranstaltungen der Initiativen hier in Düsseldorf und den anderen Städten, insbesondere Bochum, Dortmund und Moers, zurückzuführen. Bis zuletzt wurde gegen eine Einführung eines Sozialtickets argumentiert und gearbeitet u.a. von verantwortlichen Politiker_innen aus CDU, SPD und FDP in der Verbandsversammlung des VRR sowie von den einzelnen Verkehrsbetrieben selbst.

Auf der anderen Seite es ist gelungen, ein recht stabiles breites Bündnis, das auch überregional arbeitet, zu schaffen. Das Thema Sozialticket ist seit über drei Jahren kontinuierlich in der Öffentlichkeit und den Medien präsent. Die Politik konnte zu materiellen Zugeständnissen gezwungen werden: Das angekündigte Ticket beinhaltet eine Ermäßigung um 50%, die der Großteil der Politiker sowie der VRR niemals gewähren wollten. Die Kraft der Bewegung reichte jedoch nicht für die Durchsetzung eines echten Sozialtickets – und vom kostenlosen ÖPNV, dem mittelfristigen Ziel der initiative k, sind wir noch sehr weit entfernt.

Seit fast 15 Jahren gibt es in Düsseldorf die Forderung nach einem deutlich verbilligten VRR-Ticket sowie Aktionen dafür. Im Kontext der von reaktionären Politiker_innen und entsprechenden Medien initiierten „Faulenzer-Debatte“ wurde vor drei Jahren das Bündnis „Initiative für ein Sozialticket in Düsseldorf“ ins Leben gerufen. Unser Ziel als initiative k war u.a., im Rahmen von Aktivitäten gegen die ideologischen, sozialen und materiellen Angriffe auf Menschen mit wenig Geld, eben gegen den „Klassenkampf von oben“, konkrete Forderungen auf kommunaler Ebene zu entwickeln und für deren Durchsetzung auch kontinuierlich zu arbeiten. Einige ideologische Angriffe konnten im Zuge der Kampagne durchaus zurückgewiesen werden: Arme Menschen wurden und werden in der Düsseldorfer Presse zunehmend auch als solche beschrieben und die „ungerechte“ Vermögensverteilung wird regelmäßig thematisiert – und das trotz des von Sarrazin neubelebten sozialdarwinistischen Ansatzes in Politik, Medien und Öffentlichkeit.

Der Kampf um ein Sozialticket wird weitergehen. Zum einen, weil das Ziel längst noch nicht erreicht ist und die Initiativen nicht von ihrer Forderung abrücken. Zum anderen, weil selbst das Ticket für 29,90 Euro erst einmal nur für ein Jahr eingeführt wird, um dann zu prüfen, ob es angenommen wurde und ob es finanzierbar bzw. weiter finanzierungswert für die Politik erscheint. Bei dem zu hohen Preis für die Nutzer_innen und den zu geringen Zuschüssen ist beides zumindest fraglich – und das wird diejenigen stärken, die vehement gegen die Einführung eines Sozialtickets gekämpft haben.

Die Aufgabe der (radikalen) Linken besteht unter anderem darin, Handlungsmöglichkeiten zu erproben, mit denen die Betroffenen ihre Interessen durchsetzen können und den Blickwinkel weg von dem nur eigenen, individuellen Problem hin zu einer gesamtgesellschaftlichen, systemkritischen Sichtweise zu erweitern.

Mobilität sollte unserer Meinung nach zur Grundversorgung gehören, wie ein kostenloses Gesundheitswesen und kostenlose Bildung. Das Ziel muss sein, Bedingungen zu schaffen, unter denen jeder Mensch diese Rechte in Anspruch nehmen kann. Was utopisch klingt, ist in der näheren Umgebung bereits Realität. In der belgischen Stadt Hasselt wird das Konzept des kostenlosen ÖPNVs seit 1997 erfolgreich umgesetzt. Das Recht auf Mobilität muss allen Menschen gleichermaßen zugänglich und kostenlos sein.

Ein Sozialticket ist ein erster Schritt in die richtige Richtung – doch wir wollen mehr! Das Sozialticket und freie Mobilität für alle werden nicht geschenkt. Sie müssen erkämpft werden! Ob die Kraft der Bewegung dazu ausreicht, werden die nächsten Monate zeigen.