Solidarität mit der Linksjugend [’solid] NRW

Erklärung zu der Kundgebung in Essen am 18. Juli 2014

Mit Wut und Trauer blicken wir seit einigen Wochen auf die Militäroperationen der israelischen Armee in Gaza, durch die bis zur zwölfstündigen Feuerpause am 26. Juli über 1.000 PalästinenserInnen und 40 Israelis, darunter 37 IDF-SoldatInnen, starben. Mit der gleichen Wut und Trauer blicken wir auf die Bürgerkriege in der Ukraine und Syrien und hoffen, dass es den kurdischen Selbstverteidigungskräften in Rojava (Westkurdistan/Syrien) gelingen wird, die Angriffe des IS /der ISIS auf ihre Gebiete zurückzuschlagen! Wir diskutieren diese Konflikte seit längerer Zeit und wollen unsere Überlegungen demnächst in einem Papier veröffentlichen. Der Grund, warum wir uns jetzt schon zur Wort melden ist, dass wir seit mehreren Tagen eine massive Diffamierungskampagne gegen die GenossInnen der Linksjugend [’solid] NRW erleben. Wir möchten ihnen mit diesem kurzen Text unsere Solidarität versichern.

Am 18. Juli demonstrierten 3.000 Menschen in Essen bei der Kundgebung „Stoppt die Bombardierung Gazas – Für ein Ende der Eskalation im Nahen Osten“. Schon vor der Kundgebung begannen Diffamierungen und Beleidigungen, die vor allem über den Blog ruhrbarone.de, den Bundesarbeitskreis (BAK) Shalom der Linksjugend [’solid], die Antifa Essen (Z) und das Bündnis gegen Antisemitismus Duisburg (BgA) gestreut wurden und in der Aufforderung, die Kundgebung abzusagen, gipfelten. Einige antisemitische Beiträge von Usern auf der Facebook-Seite, auf der die Kundgebung angekündigt wurde, dienten als „Beleg“ für eine „Querfront aus Linken, Nazis und Islamisten“. Dass die Linksjugend [’solid] Essen/Ruhr diese Beiträge selbstverständlich löschte, sich zudem eine Woche vor der Kundgebung erneut deutlich von Antisemitismus distanzierte und klar machte, dass Antisemiten auf ihrer Kundgebung unerwünscht seien, spielte keine Rolle. Ebensowenig, dass sie aus ihrem Aufruf zitierte, in dem sie darstellte, dass sie um „jeden Toten des Konfliktes, unabhängig von seiner Religion und Nationalität“ trauern würde.

Bei der Kundgebung selber sorgten sechzig OrdnerInnen dafür, die im Vorfeld der Veranstaltung angekündigte Distanzierung von Antisemitismus auch durchzusetzen. Mehrere antisemitische Plakate wurden aus dem Verkehr gezogen, identifizierte türkische Faschisten von der Veranstaltung ausgeschlossen. Versuche von Nazis, sich der Kundgebung anzuschließen, wurden konsequent unterbunden: Als einige Nazis auftauchten, wurden sie nicht nur von den OrdnerInnen von der Veranstaltung ausgeschlossen, sondern auch von dutzenden DemonstrantInnen aus der palästinensischen Community beschimpft, die klar machten, dass sie selbstverständlich auch dann gegen Nazis sind, wenn diese „Freiheit für Palästina“ fordern. In mehreren Redebeiträgen wurde die Hamas und der Raketenbeschuss deutlich kritisiert. Die Demonstration war nicht von der Unterstützung der Hamas geprägt, sondern von der Solidarität mit den BewohnerInnen des bombardierten Gazas. Aus unserer Sicht hat die Linksjugend [’solid] viel dafür getan, vor und während ihrer Kundgebung gegen Antisemitismus vorzugehen.

Nach der Auflösung der Kundgebung zog ein Teil der Anwesenden zum Hauptbahnhof, wo sie auf eine „israelsolidarische“ Gegenkundgebung trafen. Aus der Menge wurden sowohl antisemitische Parolen gerufen als auch einige Gegenstände in Richtung der Gegenkundgebung geworfen. Die antisemitischen Parolen sind unmißverständlich zu verurteilen – und genau das hat die Linksjugend [’solid] Essen/Ruhr auch getan. Dass ihnen dennoch die Verantwortung für Taten zugeschrieben wird, die in zeitlichem und räumlichen Abstand von ihrer Veranstaltung begangen wurden, wird von dem Blog Ruhrbarone, BgA und BAK Shalom mit einer angeblichen Einseitigkeit des linken Aufrufs begründet. Dieser Vorwurf ignoriert nicht nur die Stellungnahmen der VeranstalterInnen vor und während der Kundgebung, er ist auch scheinheilig. Der Aufruf der „israelsolidarischen“ Gegenkundgebung, unterzeichnet vom BgA und beworben von den Ruhrbaronen, übt mit keiner Silbe Kritik an dem militärischen Vorgehen der israelischen Regierung, vielmehr wird diese politisch verteidigt. Die Bezeichnung der Bombardierungen als legtitime „Selbstverteidigung“ und der Satz „Israel will Frieden, und muss daher alles tun, um den Raketenhagel der Hamas zu beenden“ sind im Kontext der aktuellen Ereignisse nichts anderes als eine Aufforderung, die Bombardierungen weiterzuführen und den über 1.000 Toten in Gaza weitere hinzuzufügen. Es geht ihnen nicht um eine Kritik an einer angeblich einseitigen Ausrichtung einer Solidaritätsdemonstration, sie stellen sich vielmehr bewusst auf die andere Seite der Barrikade, auf die Seite von Krieg und Besatzung.

Bemerkenswert ist, dass auch Teile der Linkspartei diese Positionen aufgreifen. Die hoch emotionalisierte Debatte scheint ein willkommener Anlass zu sein, die „regierungsfähige“ Außenpolitik in den partei-internen Auseinandersetzungen durchzusetzen und die antimilitaristische Gegenseite zu schädigen. Uns interessieren weder solche parteipolitischen Manöver, noch die Kritik von KriegsbefürworterInnen wie dem BgA. Wir werden auch in Zukunft für internationalistische und antimilitaristische Positionen demonstrieren, ob anlässlich der Konflikte in Syrien, Kurdistan, Palästina oder Israel. Wir werden dabei gegen alle reaktionären Ideologien inklusive des Antisemitismus entschieden vorgehen, weiterhin gerne auch zusammen mit der Linksjugend [’solid] NRW.

Für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne Krieg und Besatzung!
Gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus!
Hoch die internationale Solidarität!

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