Wir gedenken Hilarius Gilges, der am späten Abend des 20. Junis 1933 von SA- und SS-Mitgliedern verhaftet und nach schweren Misshandlungen ermordet wurde. Für seine Mörder war er aus zwei Gründen zum Ziel geworden, zum einen wegen seiner schwarzen Hautfarbe, zum anderen als aktiver Kommunist. Schon 1926 war Hilarius Gilges mit 16 oder 17 Jahren dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands beigetreten. Für einen, wie es sein Genosse Werner Eggerath beschrieb, “waschechten Düsseldorfer Jungen aus der Altstadt” war das kein ungewöhnlicher Schritt. Düsseldorf und gerade das Arbeitermilieu in der Altstadt waren damals Hochburgen der KPD.
Seine spätere Frau Katharina Vogels berichtete, dass neben seiner proletarischen Herkunft auch die rassistischen Diskriminierungen entscheidend waren, die er seit seiner Kindheit erlebte.
KPD und USPD waren damals die einzigen Parteien, die sich entschlossen gegen die rassistische Hetze im Zug der sogenannten “Schwarzen Schmach” stellten und konsequent für antikoloniale und antirassistische Positionen eintraten. Eine Reihe von Schwarzen Menschen organisierte sich deshalb in der KPD.
Hilarius Gilges war ein führendes und beliebtes Mitglied der kommunistischen Agitpropgruppe „Nordwest Ran“, die mit verschiedenartigen künstlerischen Auftritten revolutionäre Inhalte verbreiteten . Auch bei Demonstrationen und handfesten Auseinandersetzungen mit Nazis, Anhängern der extrem rechten Stahlhelm-Organisation oder der Polizei war Hilarius Gilges dabei und verteidigte sich und seine Genossinnen und Genossen tatkräftig.
In dem Hass und der Gewalt der Nazis, die schließlich zu seiner Ermordung führten, können wir eine traurige Linie der Kontinuität sehen, die über den Faschismus hinaus bis in unsere Gegenwart führt. Wenn wir heute am Todestag von Hilarius Gilges gedenken, dann gedenken wir dabei auch allen anderen Opfern rassistischer und faschistischer Gewalt, die aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, politischer Aktivität oder sexueller Orientierung ermordet wurden. Wir gedenken dabei auch den Opfern von Halle, Hanau oder Celle. Wenn wir heute aber auch Hilarius Gilges Leben gedenken, dann erinnern wir an den vielfältigen antifaschistischen Widerstand, von der KPD bis zur Migrantifa.
Neben Faschismus und antifaschistischem Widerstand erzählt das Leben von Hilarius Gilges eine weitere Geschichte, über den Antikommunismus und Rassismus von politischer Polizei und Justiz in der bürgerlichen Demokratie der Weimarer Republik. Am 15. März 1931 kam es in Düsseldorf zu schweren Auseinandersetzungen, nachdem Anhänger des extrem rechten Stahlhelms einen Demonstrationszug der KPD provozierten und angriffen. Obwohl es Verletzte auf beiden Seiten gab, schlug sich die Polizei während der Auseinandersetzungen und in den späteren Ermittlungen auf die Seite des Stahlhelms. Hilarius Gilges wurde als Hauptbeschuldigter festgenommen und vor Gericht gestellt. Er gab zu sich gegen Angriffe mit seinen Händen verteidigt zu haben, bestritt aber die ihm vorgeworfenen konkreten Angriffe mit einem Messer und einem Pflasterstein. Seine Genossen, die mit ihm kämpften, verriet er nicht. Obwohl ihn lediglich die Aussagen der Stahlhelm-Anhänger belasteten, wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt. Unterstützt wurde er von der Roten Hilfe und seinen kommunistischen Genossinnen und Genossen. Nach seiner Haftentlassung nahm er seine kommunistische Praxis wieder auf und war bis zu seiner Ermordung auch in der Illegalität aktiv.
Die Geschichte von Hilarius Gilges ist ohne Frage einzigartig und besonders. Und dennoch können wir viele Dinge in ihr erkennen, die uns bis heute beschäftigen und in unseren eigenen Kämpfen antreiben. Der Rassismus in Staat und Gesellschaft, die faschistische Gewalt, die gedeckt wird, die politische Justiz, die sich gegen uns richtet, der antifaschistische Widerstand, die Solidarität gegen Repression. Wenn wir uns diese Dinge zu Herzen nehmen und weiter solidarisch zusammen kämpfen, dann können wir Hilarius Gilges auch auf diese Weise gedenken!
Gedenkrundgang für den von Faschisten ermordeten schwarzen Kommunisten Hilarius Gilges. Rede am 20.6.20 in Düsseldorf
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