An der Seite der Unterdrückten – gegen die Kriege der Mächtigen

Voller Entsetzen und Wut beobachten wir die heutigen Angriffe der russischen Armee und die militärische Eskalation, zu der sich Putin entschlossen hat. Unsere Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine, die auf beiden Seiten der Front seit Jahren unter dem Bürgerkrieg leiden und denen noch mehr Leid bevorsteht. Nichts ist dringender als der Ruf nach einem sofortigen Ende der Kampfhandlungen.

Wir beobachten aber auch wie sich über alle Parteigrenzen hinweg eine öffentliche Stimmung durchsetzt, die sich einhellig gegen Russland vereint und diejenigen Stimmen marginalisiert, die darauf hinweisen, dass dieser Konflikt Geschichte und Kontext hat, dass mehr Seiten in ihm involviert sind, als nur Russland und die Ukraine.

In den Hintergrund gedrängt wird dabei die militaristische und ökonomische Expansionspolitik von NATO und EU, nicht zuletzt in Richtung Osteuropas. Verdrängt ist die Geschichte von Krieg und Neuordnung im zerschlagenen Ex-Jugoslawien und der deutschen Rolle darin, als ob Völkerrechtsbruch eine russische Erfindung sei. Wer fragt sich noch, warum ein CSU-Politiker als „Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina“ Gesetze erlassen und verhindern kann und in welchem Interesse er seine Machtfülle ausübt? Wer spricht noch davon, dass die USA und NATO seit Jahrzehnten in unzähligen Ländern für die blutige Bekämpfung fortschrittlicher Bewegungen, den Sturz gewählter Regierungen, Völkerrechtsverstöße, Kriegsverbrechen, Folter und extralegale Hinrichtungen verantwortlich sind? Wer fragt in dem Land, das zweimal in einem Weltkrieg nach Osten marschierte und Millionen auf dem Gewissen hat, nach der Kontinuität von deutschem Großmachtstreben, Rassismus und Russophobie?

Nichts davon kann den mörderischen Krieg Putins oder die reaktionäre Politik der russischen Regierung rechtfertigen – und das soll es auch nicht. Es soll das globale Terrain der imperialistischen Auseinandersetzungen darstellen und wo wir uns darin befinden: In der BRD, einem der weltweit mächtigsten Länder, das als Teil von NATO und EU aktiv an dieser imperialistischen Auseinandersetzung teilnimmt.

Die russische Sektion der International Marxist Tendency erklärte vor einigen Tagen:

„Unsere Aufgabe ist es jetzt, einen möglichen Krieg zu verhindern und dabei mitzuwirken, dass eine Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse in Russland, der Ukraine und den Republiken Gestalt annimmt. Die einzige Möglichkeit dafür besteht im Handeln nach der Strategie, „der Hauptfeind steht im eigenen Land“. Jede Seite hat einen anderen Feind. Wir dürfen uns nicht darin verstricken lassen, die Schuld auf einen „äußeren Aggressor“ zu schieben, und wir dürfen uns in keiner Form mit unseren eigenen Regierungen solidarisieren.“

Wir erkennen in sämtlichen imperialistischen Machtblöcken unseren Feind, in allen Verhältnissen, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ und in den Regierungen, die diese Verhältnisse verteidigen. Das befreit uns nicht vor der Konfrontation mit unserem eigenen Hauptfeind, mit dem eigenen Kapital und der eigenen Regierung.

Unsere Solidarität gilt allen, die weltweit gegen diese Verhältnisse kämpfen, von Chile bis Kasachstan. Nicht zuletzt aus der Erfahrung der Bewegungen des Maidan und Anti-Maidan in Kiew und im Donbass wissen wir: Diese Kämpfe können scheitern, aufgerieben werden zwischen konkurrierenden Herrschaftsinteressen, sich manchmal sogar in ihr Gegenteil verkehren. Aber in ihnen liegt weiterhin unsere Hoffnung auf eine andere Welt.

Wir bewundern den Mut derjenigen, die sich in Russland gegen den Krieg ihrer Regierung stellen und dafür mit Repression konfrontiert werden. Als Internationalist*innen fühlen wir uns ihnen verbunden und suchen nach unserem eigenen Platz in den globalen Kämpfen gegen Krieg und Unterdrückung. Wir glauben nicht, dass Friedensdemonstrationen an der Seite der Parteien des deutschen Imperialismus ein richtiger Schritt sind, um die Eskalation zurückzufahren oder eine wirksame Anti-Kriegs-Bewegung auf die Beine zu stellen. In dem aktuellen Konflikt geht es nicht darum, sich eine Seite des kleineren Übels auszusuchen. Es geht darum dort zu kämpfen, wo wir sind, innerhalb der Verhältnisse die wir vorfinden die Gegner zu konfrontieren, die hier und global jede Perspektive auf Befreiung bekämpfen.

Wir suchten diese Konfrontation in den Protesten gegen die europäische Durchsetzung der deutschen Austeritätspolitik und ihrem Streben nach Absatzmärkten und Ausbeutung von Arbeitskräften; gegen eine grün angestrichene Energiepolitik, deren Ziel nach strategischer Unabhängigkeit von russischem Gas nur den Weg freihalten soll, für die globale Jagd nach ausbeutbaren Ressourcen für einen weiter wachsenden zerstörerischen Kapitalismus.

Zusammen mit Rheinmetall Entwaffnen werden wir im Herbst anlässlich der Documenta in Kassel versuchen die Zusammenhänge zwischen Krieg und Kapitalismus aufzuzeigen und einzugreifen in die Kriegsmaschinerie, die von Deutschland aus Waffen, Tod und Ausbeutungsverhältnisse in die Welt exportiert. In Hoffnung auf ein Erstarken von Anti-Kriegs-Bewegungen in Russland, der Ukraine und überall sonst betrachten wir es als unsere Aufgabe, hier in Deutschland am Aufbau einer antimilitaristischen, antiimperialistischen und internationalistischen Bewegung mitzuwirken.

In Solidarität mit Allen weltweit, die für eine Befreiung aus ihrer Unterdrückung kämpfen, hier und überall:

KRIEG DEM KRIEG!

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